Vor Kurzem war ich zu einer Podiumsdiskussion der Landesfrauenvertretung des Beamtenbund Tarifunion (BBW) eingeladen. Es ging um drei zentrale Themenfelder:

  1. Fachkräftemangel versus Vereinbarkeit von Familie und Beruf,
  2. Schutz vor sexualisierter Gewalt und
  3. das neue Wahlrecht im Land.

In Fragen der Beschäftigung bin ich überzeugt, es geht nicht um ein entweder … oder …, Fachkräftemangel und Mangel an Vereinbarkeit, beides spielt eine Rolle. In Baden-Württemberg arbeitet jede zweite erwerbstätige Frau in Teilzeit – meist aus Gründen der Kinderbetreuung oder Pflege. Ich halte u. a. ein Recht auf temporäre Aufstockung mit finanzierten Vertretungsbudgets im öffentlichen Dienst, Qualifizierungsmodule für Quereinsteiger:innen sowie eine schnellere Anerkennung ausländischer Abschlüsse für unverzichtbar. Es braucht echte Rückkehrpfade aus Teilzeit im öffentlichen Dienst. Wir müssen Frauen die Möglichkeit geben, unkompliziert wieder aufzustocken, wenn die Lebensphase es erlaubt. Entscheidend ist außerdem, Weiterbildung von Beginn an mit verlässlicher Kinderbetreuung zu verbinden. Das ist aktive Fachkräftepolitik, die die Potenziale im Land hebt. Der Ausbau verlässlicher Ganztags- und Randzeitenbetreuung muss damit Hand in Hand gehen.

Beim Thema Schutz vor sexualisierter Gewalt nahmen wir insbesondere den „Fall Renner“ und den Untersuchungsausschuss des Landtages zur Polizei in den Blick. Der Ausschuss befindet sich aktuell in der Endphase. Die gesammelten Erkenntnisse sollen bis Dezember 2025 bewertet und in einem Abschlussbericht mit Handlungsempfehlungen vorgelegt werden. Die Arbeit konzentriert sich auf sexuelle Belästigung, Beförderungspraktiken sowie die Besetzung von Spitzenpositionen.
Zwar gibt es in Baden-Württemberg mit dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz, Gleichstellungsplänen, Beschwerdewegen und neu: einer Vertrauensanwältin auch jetzt schon einen ‚Werkzeugkasten‘. Lücken bestehen jedoch bei Unabhängigkeit, Verfahrenssicherheit, Tempo und Transparenz. Insbesondere in hierarchischen Strukturen wie Polizei, Hochschulkliniken oder Landesbetrieben hängt Vieles daran, wie Gleichstellung von der Führung gelebt und eingefordert wird.

Mit Blick auf das neue Wahlrecht stehen für mich die Chancen im Vordergrund: Landeslisten eröffnen Frauen und vielfältigen Kandidaturen bessere Zugänge ins Parlament, die Senkung des Wahlalters auf 16 Jahre stärkt politische Bildung und Repräsentation junger Menschen. Ein „XXL-Landtags“ ist theoretisch möglich, hängt aber nicht vom neuen Wahlrecht ab. Je nach Wahlergebnis können durch Überhang- und Ausgleichsmandate – wie bisher auch – mehr Abgeordnete in den Landtag einziehen. Aber: Die Reform schafft mehr Demokratie und Repräsentation – nicht mehr Posten. Ein XXL-Landtag ist kein Automatismus. Alle Bundesländer mit personalisiertem Verhältniswahlrecht haben ähnliche Mechanismen. Ich meine, Baden-Württemberg ist mit der Reform nicht der ‚Exot‘, sondern endlich auf der Höhe der Zeit angekommen. Die Praxis in anderen Ländern zeigt: Die Zahl der Abgeordneten bleibt beherrschbar, solange der politische Wettbewerb nicht zu extremen Verschiebungen führt. Wir haben uns bewusst für Transparenz und Nachsteuerungsmöglichkeiten entschieden. Das ist verantwortungsvolle Politik: Reformen beschließen, ihre Wirkung prüfen und, wenn nötig, nachjustieren. Wer jetzt Horrorszenarien beschwört, betreibt Verunsicherung statt einer sachlichen Debatte.