Stellt euch vor: Es ist zwei Uhr nachts. Eine Frau schließt hastig die Wohnungstür auf, ihre zwei Kindern an der Hand – verängstigt, erschöpft, zurück von einer langen Odysee. Ihr Name ist Marie. Seit Jahren wird sie von ihrem Mann attackiert, beleidigt und geschlagen. Heute ist es der eine Schlag zu viel. Sie will nur noch weg. Sie will ins Frauenhaus. Dann der Schock: Es gibt keinen Platz!
Marie ist keine Ausnahme. Das ist Alltag in Deutschland.
Jährlich finden tausende Frauen in Not keinen Schutz, weil Frauenhäuser überfüllt oder unterfinanziert sind. Mehr als ein Viertel der Betroffenen muss für den eigenen Schutzplatz auch noch selbst zahlen.
In einem Land wie unserem ist das ein unhaltbarer Zustand und darf nicht so bleiben!
Die strukturell bedingten Ungerechtigkeiten für Frauen habe ich als Mutter von 5 Kindern, im Beruf, in der Politik vielfach selbst erlebt.
Sie ziehen sich durch alle Lebensphasen, durch alle Lebensbereiche.
Die extremste Form der Ungerechtigkeit und Diskriminierung ist Gewalt. Deshalb ist der Kampf gegen Gewalt für mich das zentrale frauenpolitische Anliegen.
Jede 3. Frau wird mindestens einmal im Leben Opfer von körperlicher oder sexueller Gewalt – in Deutschland sind das jährlich mehr als 180.000. Diese Gewalt betrifft Frauen jeden Alters und aus allen sozialen Schichten.
Fast jeden Tag wird in Deutschland eine Frau durch ihren Partner, Expartner oder Familienmitglieder getötet. Das sind keine „Familiendramen“. Das sind Femizide.
Und die stehen meist am Ende einer langen Gewaltspirale. Der Begriff „Familiendrama“ verschleiert das Leid und die dahinter liegenden patriarchalen Gewaltstrukturen.
Das vor Kurzem im Bund beschlossene Gewalthilfegesetz ist ein Meilenstein und auch im Land haben wir einiges erreicht.
Beispiele sind:
- Die Akutversorgung von Gewaltopfern mit verfahrensunabhängiger Spurensicherung,
- die Förderung von Fachberatungsstellen gegen Menschenhandel oder
- die Anlaufstelle für Betroffene von Genitalverstümmelung.
Das sind wichtige Fortschritte!
Eine große Herausforderung aber bleibt der Mangel an Plätzen in Frauenhäusern. Deutschlandweit fehlen 14.000!
Als frauenpolitische Sprecherin der Landtagsfraktion habe ich erfolgreich dafür gekämpft, dass zusätzlich 5 Mio Euro für den Ausbau von Frauenhausplätzen in den Landes-Haushalt eingestellt wurden. Aber wir brauchen mehr. Ganz konkret:
- Frühzeitige Intervention bei wiederholter Gewalt und besseren Schutz bei Trennungen. Denn Trennungen sind die gefährlichste Zeit für Frauen
- Mehr Schulung von Polizei, Jugendamt und medizinischem Personal und
- Fachberatungsstellen müssen künftig verpflichtend an Fallkonferenzen beteiligt werden. Denn sonst fehlt einfach der umfassende Blick auf den konkreten Fall.
Ungleichheit ist auch in der medizinischen Forschung Realität. Oft fehlt der Blick auf Frauen.
Medikamente und Therapien werden hauptsächlich an Männern getestet. In klinischen Studien sind Frauen unterrepräsentiert. Das kann im schlimmsten Fall tödlich enden!
Zum Beispiel werden Herzinfarkte bei Frauen oft nicht erkannt, weil ihre Symptome anders sind als bei Männern und die akute Lebensgefahr nicht bemerkt wird.
Wir brauchen deshalb dringend eine geschlechtersensible Medizin als festen Bestandteil in Forschung, Lehre und Ausbildung.
Denn nur wer Unterschiede erkennt, kann wirksam behandeln.
Liebe Freundinnen und Freunde,
weltweit erleben wir, wie die Trumps und Orbáns Frauenrechte angreifen und wie auch bei uns antifeministische Kräfte an Einfluss gewinnen. Antifeminismus ist der Kitt rechter Ideologie. Das gefährdet unsere Demokratie!
Feminismus dagegen verteidigt demokratische Grundwerte. Weil er alle mitdenkt und mitnimmt und für gleiche Chancen und echte Selbstbestimmung kämpft.
Ich bin seit 30 Jahren in unserer wunderbaren Partei. Frauen- und Gleichstellungspolitik ist ein urgrünes Thema, Frauen- und Gleichstellungspolitik ist mein Thema!
Ich will, dass alle Menschen hier im Land frei, sicher und ohne Angst ihr Leben so gestalten können, wie sie es wollen!
Gleichstellung ist eine Gerechtigkeitsfrage.
Deshalb will ich weiter mit aller Kraft daran arbeiten, dass Baden-Württemberg gerechter und sicherer wird – für alle.
Mit Erfahrung. Mit Haltung. Mit Herz. Mit euch.
(Es gilt das gesprochene Wort)
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