Zu Besuch beim Mistel-Projekt in Ölbronn-Dürrn

Stefanie Seemann MdL traf sich mit den InitiatorInnen des Mistelprojekts im Dürrner Rathaus. Dabei wurde klar: Nur wenn alle zusammenarbeiten, können die Obstbäume der Streuobstwiesen in der Region gerettet werden. „Was in Ölbronn und Dürrn geschafft wurde, hat Vorbildcharakter. Hier gehen der Schutz von Kulturlandschaft und Biotoppflege Hand in Hand“, zeigt sich Seemann begeistert.

An dem dreijährigen Pilotprojekt in der Gemeinde zwischen Kraichgau und Stromberg sind viele verschiedene AkteurInnen beteiligt. Neben dem Obst- und Gartenbauverein Dürrn (OGV) auch die Gemeinde in Form von Bürgermeister Norman Tank und dem Bauhof, das Landratsamt (LRA) und Obstbauberatung, die FachwartInnen für Obst und Garten Enzkreis-Pforzheim, der Landschaftserhaltungsverband (LEV) Enzkreis, das Landwirtschaftsministerium Baden-Württemberg und nicht zuletzt die Bürgerinnen und Bürger, denen die betroffenen Apfelbäume gehören. Zusammen sind sie das Projekt angegangen, das darauf zielt, die Streuobstbestände um die Gemeinde langfristig zu erhalten. Dazu müssen die mistelbefallenen Obstbäume zunächst kartiert werden. Die fachmännische Mistelentfernung wird dann durch Fachwarte bzw. die EigentümerInnen der Bäume selbst durchgeführt. So wird eine weitere Ausbreitung der schmarotzenden Art unterbunden, welche ansonsten die Bäume sogar zum Absterben bringt.

„Ohne das herausragende ehrenamtliche Engagement der Beteiligten wäre dieser Erfolg nicht möglich gewesen,“ ist sich Bürgermeister Tank sicher. Im Gespräch mit Stefanie Seemann, Sprecherin für das Ehrenamt ihrer Grünen Landtagsfraktion, wurde deutlich, was seit dem letzten Jahr geschafft wurde: Erst wurden die Streuobstbestände und ihr individueller Mistelbefall von 16 ehrenamtlich Tätigen kartiert. „Dafür haben wir eigens eine App entwickeln lassen“, erklärt Nena Raabe, die stellvertretende Geschäftsführerin des LEV Enzkreis. Daraufhin habe der Bürgermeister alle BesitzerInnen von betroffenen Obstbäumen in Ölbronn und Dürrn angeschrieben. Der Erfolg: Über 80 % der Betroffenen meldete sich zurück und erklärte sich einverstanden mit der Mistelentnahme. Manche belegten auch die eigens dafür vom OGV durchgeführter Baumschneidekurse, um die Arbeiten selbst durchführen zu können. Durch Haustürgespräche und eine Infoveranstaltung konnten anschließend nochmal 10 % mehr Menschen für das Projekt gewonnen werden.

„Die intensive Öffentlichkeitsarbeit hat sich gelohnt“, freuen sich die Vertreter des OGV Dürrn Hartmut Filsinger und Uwe Penzinger, die sehr viele ehrenamtlich geleistete Stunden in das Projekt gesteckt haben. Über 250 von Misteln befallene Bäume wurden im ersten Jahr in Ölbronn-Dürrn bereits „entmistelt“. Dass manche Bäume mit Vollbefall dafür bis auf den Rumpf heruntergeschnitten werden mussten, sei leider nicht zu verhindern gewesen, so Filsinger. Ein bisweilen trauriger Anblick. Natürlich habe man sich mit den NaturschützerInnen des Landratsamtes und des LEV vorab beraten. „Es gibt hier einen echten Zielkonflikt zwischen Artenschutz, Naturschutz und dem Erhalt der noch mistelfreien Bäume“, erklärt Bernhard Reisch vom Landwirtschaftsamt im Enzkreis. Um die Streuobstwiesen als besonders geschützte Lebensräume zu erhalten, ist es jedoch wichtig, die Misteln zum Schutz der noch nicht befallenen Obstbäume nachhaltig zu bekämpfen, war man sich einig. Und biologisch betrachtet sind die auf den Wiesen verbliebenen Rumpfbäume vor allem eines: Lebensraum für Vögel, Fledermäuse und Wildbienen.

Das Engagement aller Beteiligten strahlt auch in andere Enzkreis-Kommunen aus. Einige Kommunen aus dem westlichen Enzkreis hätten bereits Interesse an ähnlichen Projekten angemeldet. Für Seemann ist dies ein echtes Modellprojekt, das auch auf andere betroffene Gebiete im Land übertragen werden könnte. Sie wünscht den Beteiligten, dass ihr Engagement auch weiterhin so wertgeschätzt wird. „Ohne das Ehrenamt wären unsere Gemeinden weniger lebenswert“, ist sich die Abgeordnete sicher.