Beinahe regungslos und tief gebeugt sitzen die Landtagsabgeordnete für den Enzkreis Stefanie Seemann (Grüne) und der BUND-Landesgeschäftsführer Martin Bachhofer am Rand eines kleinen Gewässers bei Ötisheim. Kleine Kaulquappen liegen in den flachen Uferbereichen und wärmen sich nach einer kalten Nacht. In den umliegenden Bäumen und Gebüschen hört man Vögel zwitschern. Es ist ein Moment, in dem wieder einmal deutlich wird, dass die Natur eben nicht nur unsere Lebensgrundlage darstellt, sondern auch ein Ort ist, der uns fasziniert und zur Ruhe kommen lässt.

Das Biotop bei Ötisheim ist eines von 220 Gewässern, das als Lebensraum für Frösche, Kröten und andere Amphibien wieder hergerichtet wurde. Es ist Teil des Projekts „220 Amphibiengewässer – ein Feuerwehrprogramm für Amphibien in Baden-Württemberg“ des BUND Baden-Württemberg.

„Das Projekt entstand, weil die Amphibienarten in Baden-Württemberg unter Stress stehen und die Bestände in den letzten Jahren immer weiter zurückgehen. Da das inzwischen sogar die noch häufigen Arten Erdkröte und Grasfrosch betrifft, war klar, dass ein Handeln notwendig ist, um unsere Bestände erhalten zu können“, erklärt Martin Bachhofer die Relevanz des Projektes.

Ein Grund des Rückgangs besteht darin, dass den Tieren immer weniger Gewässer für ihre Fortpflanzung zur Verfügung stehen. Ziel des Projekts ist, dass in allen 44 Land- und Stadtkreise in Baden-Württemberg circa fünf zugewachsene oder ausgetrocknete Gewässer saniert werden und so wieder ein Netz an Lebensräumen entsteht. Das Projekt wird vom Umweltministerium des Landes gefördert und vom Amphibien/Reptilien-Biotop-Schutz Baden-Württemberg (ABS) und NABU Baden-Württemberg unterstützt.

„Projekte wie dieses sind für den Schutz von Natur und Umwelt vor der eigenen Haustür absolut essenziell. Es ist schön zu sehen, wie gut die Zusammenarbeit von haupt- und ehrenamtliche Naturschützer*innen funktioniert. Ich danke allen, die sich vor Ort für tolle Projekte wie hier in Ötisheim einsetzen,“ so Stefanie Seemann.

Das Gewässer in Ötisheim war früher sehr artenreich und bot Grasfrosch, Erdkröte, Springfrosch, den vier Molcharten und sogar Feuersalamandern einen Rückzugsort. Dann verlandete  es jedoch zunehmend und verlor mehr und mehr seine Funktion für die Amphibien.  Deswegen wurden durch den Landschaftserhaltungsverband (LEV) Enzkreis im Jahr 2023 zunächst Gehölze im nahen Umfeld entfernt und zurückgeschnitten. Anschließend konnte das Gewässer mithilfe eines Baggers aufwändig entschlammt werden. „Die Maßnahme war ein voller Erfolg: Die Sumpfbepflanzung

hat sich rasch wieder eingestellt, außerdem wurde nur einen Monat nach der Sanierung bereits wieder Grasfrosch-Laich gefunden“, freut sich Inga Schraud, Geschäftsführerin im Landschaftserhaltungsverband Enzkreis.

„Ich freue mich, dass es neben der vorbildhaften Umsetzung hier im Enzkreis noch etliche weitere Kreise gibt, die sich aktiv einbringen und generell ein Interesse an der Umsetzung von Amphibienschutzmaßnahmen besteht. Unser Ziel, 220 Gewässer in nur zwei Jahren wiederherzustellen, ist aber noch nicht erreicht und weitere Unterstützer*innen sind jederzeit willkommen“, erklärt Sarah Christmann, Projektleiterin beim BUND Baden-Württemberg.

Natürlich ist es mit der Sanierung der Gewässer alleine noch nicht getan. Es sind kontinuierliche Einsätze, auch in den Landhabitaten und eine bessere Vernetzung der Lebensräume nötig, um die 19 Amphibienarten Baden-Württembergs langfristig erhalten zu können.

„Leider sehen wir überall im Nordschwarzwald, dass es den Arten und der Umwelt schlechter geht. Flächenverluste und Landschaftszerschneidungen sind die Hauptursachen. Ich bin überzeugt, dass es ohne die vielen ehrenamtlichen und hauptamtlichen Naturschützerinnen und Naturschützer noch viel schlechter aussehen würde. Jeder Euro, der in die Natur und die Biotope investiert wird, ist gut angelegt und stellt einen Gewinn für uns alle dar,“ Patrick Maier, Regionalgeschäftsführer BUND Nordschwarzwald.