Fachkräftemangel führt zu Engpässen bei der Betreuung werdender Mütter sowie der Nachsorge.
Im Enzkreis und Pforzheim kommt es regelmäßig zu Engpässen bei der Betreuung werdender Mütter sowie der Nachsorge. Beleghebammen, durch die (werdende) Mütter die Möglichkeit haben, über Schwangerschaft, Geburt und darüber hinaus von derselben Person betreut zu werden, sind nicht vorhanden. Hausgeburten sind kaum noch bis gar nicht möglich. Der Fachkräftemangel ist auch bei der Besetzung offener Stellen in den Kliniken spürbar.
Elisabeth Vogt, Grünen-Kreisrätin des Enzkreises, selbst Mutter von vier Kindern, wurde über die Schwangerschaften ihrer Töchter für diese Problematik sensibilisiert. Gemeinsam mit der Pforzheimer Grünen-Stadträtin und Mutter von vier Kindern, Uta Golderer, sowie der Grünen-Landtagsabgeordneten Stefanie Seemann, Mutter von fünf erwachsenen Kindern, hat sie daher das Gespräch mit den Expertinnen vor Ort gesucht. „Die aufsuchende Hilfe der Hebammen ist nicht nur ein wertvolles Kulturgut – die Unterstützung, die werdenden Müttern und jungen Familien zuteilwird, ist von unschätzbarem Wert“, so Vogt.
Auf Landesebene hat Bärbl Mielich, Staatssekretärin im Sozialministerium, Anfang 2017 den ‚Runden Tisch Geburtshilfe‘ ins Leben gerufen. „Eine Maßnahme wird neben der Erhöhung der Ausbildungsplätze die Akademisierung des Berufsfeldes sein. Bis zum Herbst sollen weitere Empfehlungen erarbeitet werden“, erläutert Seemann. Das Problemfeld sei vielschichtig und müsse auf Bundes-, Landes- und Kommunalebene angegangen werden.
Meike Schulze (Freie Hebamme, Friolzheim), Margarete Wetzel (Freie Hebamme, Pforzheim) und weitere Hebammen haben gemeinsam mit den Politikerinnen die Problematik in der Region erörtert. Aus den Erfahrungswerten der praktizierenden Hebammen und der Politikerinnen wurden Ursachen eruiert und bereits erste Lösungsvorschläge entwickelt.
„Große Sorge bereitet uns der bevorstehende Generationenwechsel. Viele Hebammen werden in den nächsten Jahren das Rentenalter erreichen. Dass sie eine Nachfolge finden, ist kaum abzusehen“, erläutert Wetzel und ergänzt: „Schon jetzt haben wir Schwierigkeiten, den Bedarf zu decken. Viele der freien Hebammen arbeiten in Teilzeit. Vertretungen zu finden, ist problematisch. So spitzt sich die Situation in den Ferienzeiten besonders zu.“ Dabei betont sie, dass der Hebammenmangel nicht nur bei den freien Hebammen ein Thema sei, sondern auch Kliniken um Fachkräfte werben müssen.
„Wir üben alle mit großer Leidenschaft unseren Beruf aus“, so Schulze und ergänzt: „Der Schritt in die Freiberuflichkeit ist jedoch mit finanziellen Risiken verbunden, zumal die finanziellen Anreize für die Ausübung des Berufs eher gering sind.“ Die Pauschale von 38 Euro pro Hausbesuch decke nicht die Kosten für lange Anfahrtswege – gerade im ländlichen Raum, ebenso wenig wie die umfangreiche Dokumentation oder die sehr aufwendige Praxisorganisation mit Bedienung aller Medien zur Kontaktaufnahme und Terminvergabe. Fahrzeuganschaffung und -unterhalt müssen selbst gestemmt werden.
Die aus den gemeinsamen Gesprächen hervorgegangenen Lösungsvorschläge betreffen gezielt die Region – Pforzheim und die Enzkreiskommunen. „Wir haben in Stadt und Kreis Anträge eingereicht, die zunächst den tatsächlichen Bedarf abklären sollen“, erklärt Golderer. Hilfreich für Hebammen und Schwangere könnte beispielsweise ein Online-Tool sein, über das freie Plätze vergeben werden. „Wir möchten das Thema auf die Tagesordnung der nächsten Gesundheitskonferenz setzen, die für 2020 geplant ist“, so Vogt. „Wichtig ist uns, den Hebammen und jungen Familien unterstützend zur Seite stehen“, ergänzt Seemann.
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